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› Dokumentationen und Reportagen … HartDran 388
30.05.2017 … gehören neben Nachrichten und Magazinen zu den zentralen Informationsangeboten des ZDF. Unter dem Label "ZDFzeit" laufen jeden Dienstag um 20.15 Uhr große Primetime-Dokumentationen. Neben investigativen und analytischen Stoffen gibt es verbrauchernahe und informative Themen. "ZDFzeit" bietet rund 35 Produktionen pro Jahr bei Durchschnittskosten von zirka 240.000 Euro. Das kann man auf der Homepage des ZDF nachlesen, um zu erfahren, wie die öffentlich rechtlichen Mainzer Fernsehmacher ihre eigenen Produkte sehen. „Investigativ und analytisch.“

Zumindest bei Verbraucherthemen gelingt das allerdings nicht immer. Am Schluss ist alles meistens ziemlich ausgewogen. Beispielsweise beim freundlichen Fernsehkoch Nelson Müller, der bei der Frage „No-Name oder Marke?“ immer auch ein paar freundliche Worte für das Drei-Euro-das-Kilo-Fleisch aus übelster Massentierhaltung übrig hat. Ausgewogen soll es halt sein, das investigative Schaffen.

Da wundert es natürlich nicht, dass ZDFzeit auch im Möbelbereich nicht allzu harte Töne anschlägt. „Ikea, Roller & Co. - Wer ist der beste Möbel-Discounter?“ hieß es am Dienstag, 09.05.2017, und, wen wundert`s? Am Schluss waren alle drei getesteten Discounter irgendwie und jeder für sich irgendwo recht ok.

Wobei die Frage, wieso IKEA und Höffner unter der Kategorie Discounter verarztet werden, hier nicht groß erörtert werden soll. Zumindest spricht diese abwegige Einteilung im Vorfeld schon mal für völlige Ahnungslosigkeit der Akteure. Und so kommt bei der Frage „Wer ist der beste Möbel-Discounter?“ eigentlich nur ein Test-Objekt in Frage: Roller. Denn die anderen beiden sind ja keine. Keine Möbel-Discounter.

Roller, POCO, BOSS und Sconto. Das wäre der richtige Ansatz gewesen. Aber auch da wäre hinten wohl der übliche Einheits-Brei herausgekommen: „…irgendwie und jeder für sich irgendwo recht ok.“

Während nun seit dem 09. Mai einige Dutzend Gazetten den doch recht beliebigen Möbelhaus-Check brav nacherzählt haben, konnten es sich einige wenige Marktbeobachter dann doch nicht verkneifen die analytisch, investigativen ZDF Autorinnen Franziska Boeing und Kristin Siebert durch den Kakao zu ziehen.

Den Vogel abgeschossen hat dabei ohne Zweifel FOCUS-Autorin Beate Strobel, die den ZDFzeit Bericht eine „als Doku-Reportage getarnte Gehirnverwirrsendung“ nennt.

Leseprobe: „ZDFzeit, diese öffentlich-rechtliche Testsendung im Schnelldurchlauf, hat sich diesmal die Anbieter der Selbstbau-Möbel vorgenommen. Ziel ist wie immer, Klarheit beim Kunden zu schaffen durch maximale Verwirrung.“

Oder zum Ablauf: „Stichproben jagen Statements, zwischendrin Kurzbilanz und Zwischenfazit, von Höffner über Ikea zu Roller und schnell wieder zurück: Bei ZDFzeit-Test geht es zu wie im Bällebad im Ikea-Kinderparadies – so schnell kann man sich gar nicht ducken, wie einem hier die Kriterien um die Ohren fliegen.“

Und folgerichtig fasst die FOCUS Autorin zusammen: „`Ikea gewinnt mit deutlichem Abstand´, befindet ZDFzeit. Aber Höffner wie Roller befänden sich bereits im Aufholmodus. Puh, geschafft.“

Etwas härter geht FAZ Redakteur Bernd Freytag mit dem ZDF-Bericht ins Gericht. Zitat: „Die Mixtur aus bunten Showelementen, dümmlichen Expertenstatements und lausigen Rechercheansätzen war ein weiterer Versuch des ZDF, den Ruf der Dokumentation zu verhunzen und die Welt ein bisschen schlechter zu machen. Und er zeigte en passant, welch gruseliges Bild der Mainzer Sender von seinen Zuschauern und den Kunden der Möbeldiscounter haben muss.“

Nahezu alle Prototypen, um einen „Ratgeberdokumentationsklamauk“ zu bauen, so Freytag, seien in der knapp 45-Minuten-Sendung versammelt: Eine Menge unbedarfter Kunden, ein launiger Psychologe mit lustigem Namen, ein handfester Handwerker, der in diesem Fall die Dicke der Schrankrückwände moniert. Ein Test-Bürokrat der Dekra, der mit einer Art Kofferwaage an den Regalbrettern zieht, um dann festzustellen, dass diese nicht halten.“

Und Werner Freytag empfiehlt abschließend, den ZDF Beitrag „als Lehrstück an Journalisten-Schulen“ zu zeigen. „Den ernsthaften Kandidaten dort zur Warnung“ und „als Blaupause für bedeutungslose Lückenfüller und ganz praktisch als Klischee-Kiste, aus der sich Redakteure bedienen können, wenn es mal eilig ist.“

Wir anderen sollten uns vornehmen, derlei Verbraucher-„Aufklärung“ als das zu sehen, was sie ist: Reine Zeitverschwendung!

Ihr Ralf Hartmann
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