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› „Feingeistig, zurückhaltend …
13.02.2018 … und mit Bedacht agierend.“ Einige Einlassungen zum Tod von Werner Welle erwecken den Eindruck, da habe sich ein Philosoph in die Möbelbranche verlaufen, der viel lieber bei einem guten Buch inmitten seiner Keramiksammlung einen leckeren Kamillentee zu sich genommen hätte. „Feingeistig und zurückhaltend“, das war er sicher auch, der Paderborner Möbelunternehmer. Aber das war längst nicht alles.

Kennengelernt habe ich ihn Mitte der 1980er Jahre auf der Eröffnungsfeier einer Möbel Hess Filiale im Münchener Euroindustriepark.

Erst wusste ich gar nicht, mit wem ich da das Vergnügen hatte – von Werner Welle gab es damals keine Fotos – und erst auf meine Frage, wer sind Sie denn eigentlich? Kam ein schmunzelndes „Welle, Werner Welle“.

Der Abend wurde dann noch sehr lustig und endete mit einer Fahrt im Golf Cabriolet in die Münchener Innenstadt. Wir wollten weiter feiern. Wir, das waren damals auf der Rückbank neben W.W. noch sein Vertriebs-Geschäftsführer Karl Sommermeyer und Günter Rauch. Am Steuer: Rauchs Nichte, die als einzige noch fahrtüchtig war.

Auch eine andere Anekdote stammt aus meiner Zeit beim Inside-Wohn-Markt-Magazin in München Schwabing. Da rief – auch in den 1980ern – irgendwann einmal am späten Vormittag Welles legendäre Chefsekretärin Sonja Diermann im Inside Verlag an und meldete. „Herr Welle ist heute in München beim Zahnarzt und würde danach gerne mit Ihnen zum Essen gehen.“

Natürlich war ich geschmeichelt. Wir sind dann zu unserem Stammitaliener um die Ecke gegangen und haben durchaus nicht nur gegessen. Es war ein denkwürdiger Nachmittag.

Aber auch im Geschäftsleben hat Werner Welle durchaus nicht immer „feinsinnig“ agiert. So kommentierte er die öffentlichen Beschwerden des damaligen Leicht-Geschäftsführers Hubert Herrmann über die Abgaben in siebenstelliger DM-Höhe, die alljährlich nach Paderborn abgeführt werden mussten, mit einem süffisanten Lächeln und der Feststellung: „Die Kuh muss gemolken werden.“

Und auch Werner Welle hat nicht immer „mit Bedacht“ agiert. So musste er viele Jahre nach der Wende einräumen, dass die Übernahme des damaligen DDR Alleinimporteurs RKL International Anfang der 1990er Jahre ein Schlag ins Wasser war. Viel Geld bezahlt für eine leere Hülle, die sich entgegen damaliger Hoffnungen, nach dem Deal ein Importvolumen von 250 Millionen DM kontrollieren zu können, als Flop erwies. Andere waren schneller. Damals.

Aber im Januar ist noch ein anderer ganz Großer aus der Möbelbranche verstorben. IKEA Gründer Ingvar Kamprad. Im Alter von 91 Jahren. Und hat, wie üblich, eine unendliche Litanei von IKEA Berichten in Fach und Tagespresse ausgelöst.

Angefangen bei der Namensfindung für IKEA über den sprichwörtlichen Geiz des Schweden, seine Alkoholsucht oder die zeitweilige Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut. Alles 100mal durchgekaut.

Einen ganz anderen Ansatz hat Markenstratege Michael Brandtner auf dem Online Portal medianet.at gewählt. Brandtners Theorie: Kamprad habe den Kunden etwas ganz neues gegeben, indem er ihnen etwas weggenommen habe. Nämlich das aufgebaute Möbel.

Mit dieser Idee der „Selbstbaumöbel” habe IKEA nicht nur eine klare Differenzierung zum Wettbewerb geschafft, „er legte so auch den Grundstein für den zukünftigen Erfolg“.

„Was können wir den Kunden noch bieten”, sei heute die übliche Frage im Marketing, schreibt Brandtner. Viel besser wäre es aber, zu fragen: „Was können wir à la Kamprad weglassen, um so den Kunden etwas gänzlich Neues zu bieten?”

Und kommt mit überraschenden Beispielen: „Steve Jobs nahm den Kunden die Tastatur weg, um so mit dem iPhone das erste Nur-Touchscreen-Smartphone zu schaffen. James Dyson nahm den Kunden den klassischen Staubsaugerbeutel weg, um so den ersten `beutellosen´ Staubsauger, der niemals an Saugkraft verliert, zu kreieren. Mark Lauren nahm den Fitnessjüngern die Geräte weg, um mit „Fit ohne Geräte” einen Weltbeststeller zu landen. Ryanair nahm den Kunden die Business- und First-Class weg, um die `Schweineklasse´ zum Diskont-Prinzip zu machen.“

Und Brandtner fragt: „Was können Sie Ihren Kunden wegnehmen, um eine starke Marke zu bauen? Genau das könnte im Jahr 2018 die entscheidende Frage zum Erfolg sein.“

Ein bedenkenswerter Ansatz findet

Ihr Ralf Hartmann
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