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› Heute stellen wir uns mal vor …
03.05.2018 … wir seien Mieter. Irgendwo in einem Wohnblock oder mit einem Ladenlokal. Eines Tages stellt sich heraus, dass der Eigentümer unserer Mietsache die Immobilie in seiner Bilanz zu hoch bewertet hat und deswegen Probleme bekommt. Müssen wir dann mit Ärger rechnen? Ich meine Nein. Selbst wenn unser Vermieter die Hütte verkaufen müsste, um für Liquidität zu sorgen, könnte uns das zunächst egal sein. Wir haben ja einen Mietvertrag, der auch für den neuen Vermieter verbindlich ist. Wo wäre also das Problem?

Das fragt sich derzeit auch mal wieder Gunnar George, Chef des Austria Filialisten kika/Leiner, der im Rahmen der Berichterstattung über die kika/Leiner Mutter Steinhoff International regelmäßig pressetechnisch eins hinter die Löffel bekommt, wenn es um Steinhoff geht.

„Neuer Ärger bei Kika/Leiner“ lautete am 04.04.2018 beispielsweise die Titelzeile der „Presse“, unter der eine Antonia Löffler über den Steinhoff-Konzern berichtete, der eine „Bombe“ habe platzen lassen.

Die Bombe: In einer Ad-hoc-Meldung habe Steinhoff bekannt gegeben, „dass 140 Standorte in Österreich, Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz, Großbritannien und in Osteuropa mit 2,2 Mrd. Euro viel zu hoch bewertet worden waren und diese Firmenbeteiligungen nun wohl berichtigt werden müssen“.

Löffler konzentriert sich im Folgetext aber nicht auf die Immobilien in Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz, Großbritannien und in Osteuropa, sondern betet ausschließlich das Thema kika/Leiner herunter, obwohl die „Bombe“ mit den Immobilien auf die finanzielle Situation des BEGROS Filialisten keinerlei Einfluss hat.

Der wenig aufmerksame Leser merkt sich aber normalerweise nur eins: Es gibt wieder Ärger für kika/Leiner. Also besser aufpassen und lieber woanders Möbel kaufen. So kann man Firmen auch kaputt schreiben.

Journaille funktioniert leider so. Aufmerksamkeit um jeden Preis. Also muss ein reißerischer Titel her. Was dann hinten rauskommt kann zur Not ruhig etwas substanzloser geraten. Wer liest solche Berichte schon zu Ende.

In der Süddeutschen Zeitung ist das zuweilen anders. Zumindest auf Seite drei. Die ist nämlich traditionell gut recherchierten, spannenden Reportagen vorbehalten. Aber auch da geht natürlich mal was daneben.

So hat sich Jan Schmidbauer, Jahrgang 1990, Redakteur in der Wirtschaftsredaktion, am 05.04.2018 mal das Rabatt(un)wesen im Möbelgeschäft vorgenommen.

„Möbelmarkt Ganz schön billig“ lautet der Titel. Viel herausgekommen ist dabei nicht. Schmidbauer musste feststellen, dass Edgar Inhofer - „Ein Mann, so konservativ wie seine Kleidung: Anzug, Schlips, Budapester“ – mit dem er „nach einem Spaziergang vorbei an 290 Betten, 350 Küchen, 600 Garderoben und drei Restaurants“ über Rabatte diskutieren will, gar keine Lust hat, sich ernsthaft mit der Problematik zu beschäftigen.

Quintessenz der Recherche: Man muss mitspielen, wenn man erfolgreich sein will. „Rabatte“, sagt Inhofer, „sind Marketing.“

Der Gegenentwurf zum BEGROS Riesen Inhofer heißt Reinhard Mensing. „600 Autokilometer nordwestlich von Senden, nicht weit von der niederländischen Grenze“ hat der SZ Autor einen 1.000 Quadratmeter-Laden in Stadtlohn aufgestöbert, „vier Etagen, Reinhard Mensing stand oft allein in seinem Geschäft.“

Und natürlich war früher alles anders. Besser. Zitat: „Reihenweise verkauften die Mensings schwere dunkle Schrankwände aus Eichenholz, wurzelfurniert. Wer bar bezahlte, bekam drei Prozent Skonto.“

Dass das kein Gegenentwurf ist zum Möbelhandel, wie er heute ist, das scheint auch Redakteur Jan Schmidbauer einzuleuchten. Dass es für die „Kleinen“ aber durchaus Chancen gibt, sei es durch Spezialisierung und individuellen Service. Durchaus auch im Schlagschatten der Möbelriesen, soweit reicht die SZ Recherche nicht. Rensing sieht die eigene Situation alternativlos. Er macht dicht.

Aber einen schönen Satz lässt er sich doch noch entlocken bei der fruchtlosen Diskussion über die unsägliche Rabattwut der Möbelhändler, deren Kunden den „wahren“ Wert der Möbel nicht zu würdigen wissen. Mit Prozenten belohnt werden wollen. Das Gefühl haben müssen, ein Schnäppchen zu machen:

„Es ist so ähnlich wie beim Essen, sagt Reinhard Mensing: Die Leute kaufen sich einen Grill für Tausende Euro und knallen das billigste Fleisch auf den Rost.“

Da hat er leider Recht

Ihr Ralf Hartmann
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