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› „Warum er und warum so?“
13.12.2018 Nachruf auf Robert Hesse sen. Der Familienvater, Unternehmer und Seniorchef des Möbelhauses Hesse in Garbsen bei Hannover, Robert Hesse II, ist am 11. Dezember bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Robert Hesse, Ehrenbürger der Stadt Garbsen, starb im Alter von 82 Jahren.

„Möbel Hesse verliert einen Visionär und Vordenker, der das Unternehmen aufgebaut und immer wieder neu erfunden hat“, schreibt sein Sohn Robert Andreas Hesse im Namen des Möbelhauses wenige Stunden nach dem Unglück.

„Seinem Geschäftssinn und Pioniergeist ist es zu verdanken, dass die Unternehmensgruppe heute zu den führenden Einrichtungshäusern in Norddeutschland gehört. In erster Linie verlieren wir alle aber eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die mit ihrer warmherzigen, humorvollen Art die Menschen begeistern konnte. Ein Mann, der für seine Ideale gekämpft und seine Kraft bis zuletzt in den Dienst anderer gestellt hat. Robert Hesse sen. war Ehemann, Vater, Großvater, Unternehmer, Kollege, Philanthrop und Freund … Uns fehlen die Worte“, schreibt Robert Andreas Hesse und spricht damit den vielen Freunden und Wegbegleitern aus dem Herzen.

Robert Hesse ist im Mai 1936 in Springe am Deister geboren. Während des Krieges in Kärnten in Sicherheit, kam er zurück ins zerbombte Hannover und erlebte seinen Vater Robert Hesse I: Mit getischlerten Stühlen zog der gelernte Buchhalter durch die Trümmerstadt und schuf in wenigen Jahren aus dem Nichts einen soliden Grundstein. Den Handkarren von damals gibt es noch heute. Mutter Margarete führte das Kontor. Möbelhersteller Fritz Bähre in Springe belieferte das Geschäft.

Es sollte noch 13 Jahre dauern, bis der Seniorchef seinem Sohn Verantwortung als Unternehmer übertrug. Von der Röttgerstraße 10 in Hannover-Linden zog die Familie 1948 am Küchengarten in den ersten Laden. An der Alten Celler Heerstraße entstand 1958 das erste Möbelhaus der Familie, für das Robert Hesse II als Geschäftsmann geradestand. Gute Kontakte aus der damaligen Zeit zu den Inhabergeführten Möbelhäusern der Stadt pflegte Hesse bis zuletzt – fair, verlässlich, respektvoll.

„Dankbar rückwärts, mutig vorwärts, gläubig aufwärts“ hieß einer seiner Leitgedanken. Und so ließ er ab 1972 zusammen mit seinem Sohn Robert Andreas ein Handelsunternehmen wachsen, mitten auf dem am heißesten umkämpften Möbelmarktplatz Deutschlands, vielleicht Europas. Nirgends werden auf mehr Quadratmetern Betten, Tische und Sofas verkauft als im Großraum Hannover.

Eigentlich ruinös für „Eigentümer-Unternehmer“, wie der ehemalige niedersächsische Wirtschaftsminister Walter Hirche den Firmenchef mal nannte. Robert Hesse hat den Kampf bestanden, weil er Möbel Hesse immer wieder neu dachte und das Geschäft der großen Ketten kannte. Unternehmervertreter, zigfach in Fachverbänden engagiert, Vize-Präsident der IHK Hannover, jedes Jahr gern gesehener Gast auf der Kölner Möbelmesse – Robert Hesse II hatte einen ausgezeichneten Ruf als - neudeutsch - Netzwerker.

Was war das für ein Mann, dem so viele Menschen ihr Vertrauen schenkten, die sich ihm öffneten, ihn begleiteten auf seinem spannenden Weg? Robert Hesse war vor allem ein Menschenfreund. Er wusste mit den Schwächen und Schattenseiten des Wesens Mensch umzugehen. Aber genießen konnte er die freundlichen Qualitäten, Liebe, Zuwendung, Bildung, Sportsgeist und Herzblut. Jedes Lachen, jeden schönen Moment hängte er sich an den Baum seines Lebens. Mit den Jahren ist ein stattliches, facettenreiches Lebenswerk daraus geworden mit einem nie endenden Schatz an Geschichten.

Vor allem Geschichten aus dem Unternehmen. Wie die Lok am Möbelhaus ohne Gleisanschluss nach Garbsen kam. Wie das erste Kontor in Linden roch. Wie klein er sich im damals größten Möbel-Hochregallager der Region an der B6 vorkam.

Robert Hesse hat mehrfach Millionen bewegt, bewegen müssen, um bestehen zu können. Risiko kannte er. Aber es musste kalkulierbar sein, weil er sich immer seiner ersten Pflicht als Unternehmer bewusst war: Die Sicherheit der Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter. Die Menschen in seinem Unternehmen waren seine große Familie. Jeder konnte mit allem zu ihm kommen. „Wir brauchen keinen Betriebsrat, wir reden von Angesicht zu Angesicht, offen und ehrlich“, sagte er gerne.

Robert Hesse zählte nicht zu den Unternehmer-Persönlichkeiten, die Scheuklappen tragen und die sich für nichts rechts und links ihrer Firma interessieren. Im Gegenteil: Robert Hesse war ein befruchtender Teil der Stadtgesellschaft. Er schuf den Baumlehrpfad in den Stadtpark. Er warb hinter den Kulissen mehr als 30 Jahre für eine Tangente nach Langenhagen. Er gründete vor 50 Jahren den Tennisverein Berenbostel mit. Er war Kunstliebhaber, ohne darüber große Worte zu verlieren. Hesse gab dem Johann-Strauß Orchester Hannover den wohl schönsten Konzertsaal der Region, weil er die Musik liebte und während der Konzerte alles um sich herum vergessen konnte.

In Anerkennung seiner Verdienste vor allem um den Wirtschaftsstandort Garbsen ernannte ihn der Rat 2011 zum dritten Ehrenbürger der Stadt, weil er ein Pionier war: Er erfand mit seinem Robert Andreas den ersten Möbelabholmarkt in der Region, die Möbel Rampe. Er ließ mit dem Natur-Pavillon ein vorher unvorstellbares Gebäude aus Holz schaffen. Letztlich waren er und sein Vater 1968-71 die ersten, die die Industriebrache der großen Ziegelei Flemming vor den Toren Hannovers in Garbsen ein neues Leben gaben – heute ein Leuchtturm am Standort.

Die Hesse-Fahnen hängen am Tag nach dem Tod dieser beeindruckenden Persönlichkeit auf Halbmast. In der Geschäftsführung laufen Kondolenzschreiben aus der ganzen Republik ein. Niemand kann wirklich ans Geschäft denken. Die Nachricht vom Tod Robert Hesses geht tief in die Herzen. Und niemand begreift, warum er und warum so.

Als ob jemand einen fürstlichen Baum mit einem einzigen Axthieb gefällt hätte. Der Baum war für Robert Hesse das Symbol für Leben. Ein komplexer Organismus, weltweit einmalig wie ein Fingerabdruck, fest verwurzelt, Lebensraum und Lebensspender. Wo ein Baum fällt, entsteht Leere, aber auch Platz für neues Leben. Das wusste Robert Hesse als Waid- und Forstmann. Jetzt hinterlässt er selbst diese Leere im großen Wald der Mitarbeiter, Freunde, Partner und Wegbegleiter.
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