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26.11.2020 Die Freigabe der Fusion von XXXLutz mit der Tessner-Gruppe (Roller, tejo’s, Schulenburg) bezieht sich zunächst nur auf die Absatzseite „Das Bundeskartellamt hat die geplante Beteiligung der Mann Mobilia Beteiligungs GmbH, Würzburg (Teil der österreichischen XXXLutz-Gruppe), in Höhe von 50 Prozent an der tejo Möbel Management Holding GmbH & Co. KG, Goslar, sowie der Roller GmbH & Co. KG, Gelsenkirchen (Tessner-Gruppe), in Bezug auf die Absatzseite des Vorhabens (Verhältnis Möbelhandel/Endkunde) nach intensiver Prüfung unter Auflagen freigegeben.“

Mit dieser Mitteilung kommt soeben das Bundeskartellamt um die Ecke. Die Freigabe erfolgt unter Auflagen. Und die Freigabe ist nur eine Seite der Medaille. Denn die Prüfung der wettbewerblichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Beschaffungsmärkte – also das Verhältnis zwischen Möbelhandel und Möbelhersteller – liegt nicht bei der deutschen Kartellbehörde, sondern bei der Europäischen Kommission. Und Dieses Verfahren ist bislang noch nicht abgeschlossen.

Aber auch im Hinblick auf die Absatzmärkte gibt es Auflagen. Zitat aus der Stellungnahme der Kartellwächter: „Die XXXLutz-Gruppe ist in Deutschland mit über 200 Niederlassungen vertreten. Das Vorhaben bezieht sich auf 155 Standorte der Tessner-Gruppe. Nach der Entscheidung des Bundeskartellamtes dürfen 22 dieser Tessner-Standorte nicht übernommen werden, und ein weiterer XXXLutz-Standort muss abgegeben werden.“

Aber, sagt hierzu Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „In diesem Fall ist unser Verfahren nur der erste Teil der nötigen kartellbehördlichen Prüfungen. Eine Entscheidung der Europäischen Kommission zu den Beschaffungsmärkten steht noch aus.“

Denn mit dem Zusammenschluss entstehe Deutschlands größter Möbelhändler. Und nach eingehender Untersuchung der Absatzseite, also der Auswirkungen des Vorhabens auf die Verbraucher, sei man in Bonn zu dem Schluss gekommen: Für 23 Standorte gibt es wettbewerbliche Bedenken.

Zitat: „In den jeweiligen regionalen Märkten würde der Zusammenschluss zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs führen. Vor allem im Möbel-Discountbereich hätten die Kunden dort künftig keine hinreichende Auswahl mehr zwischen verschiedenen Händlern. Die Unternehmen müssen deshalb diese 23 Standorte zunächst an einen oder mehrere unabhängige Dritte veräußern, bevor sie den restlichen Zusammenschluss vollziehen dürfen.“

Die Fakten: „Die europaweit aktive XXXLutz-Gruppe ist in Deutschland mit über 200 Standorten vertreten und nach Umsatz der zweitgrößte Möbelhändler in Deutschland. Die Gruppe verfügt mit XXXLutz, dodenhof, Zurbrüggen, Möbelzentrum Pforzheim, POCO, MömaX, Osca und Sparkauf über mehrere etablierte Vertriebslinien.“

Auf der anderen Seite steht die Tessner-Gruppe – „mit 178 Standorten die Nr. 4 unter Deutschlands Möbelhändlern“. Zur Gruppe gehören die Handelsketten Roller, tejo’s SB Lagerkauf, Schulenburg sowie Meda Küchenstudios. Letztere sind aber nicht Gegenstand der Fusion.

Das Problem für die Kartellbehörde: „Im Discountbereich haben die beiden Unternehmen insbesondere mit den Linien POCO bzw. MömaX und Roller die mit Abstand führenden Positionen inne. Nach dem Zusammenschluss entsteht der auch insgesamt größte Möbelhändler in Deutschland (vor IKEA).“ - Mit deutschlandweit aktuell 5,35 Milliarden Euro Umsatz.

Geprüft habe das Bundeskartellamt nun intensiv die lokal betroffenen Absatzmärkte des Möbeleinzelhandels ausgehend vom jeweiligen Einzugsgebiet der 155 Tessner-Standorte. Berücksichtigt wurden dabei jeweils alle stationären Möbelhändler vor Ort. Also Einrichtungshäuser, Discounter, Fachgeschäfte wie z.B. Küchenstudios oder Polsterfachgeschäfte bis hin zu sonstigen Anbietern, z.B. Baumärkten bzgl. Garten-/ Outdoormöbeln oder Küchen sowie der Online-Handel. Da sich der Schwerpunkt des Falles bekanntermaßen im Discountbereich abspielt, wurde dieses Segment besonders eingehend geprüft.

Ergebnis: „In der überwiegenden Zahl der betroffenen Markträume, insbesondere in den Ballungsräumen, wird es auch nach dem Zusammenschluss hinreichenden Wettbewerb geben.“ Es gibt dort neben XXXLutz und den Unternehmen der Tessner-Gruppe „jeweils eine nicht unerhebliche Zahl von konkurrierenden Möbelhändlern“.

Die Ermittlungen hätten hingegen für 25 – sich teilweise überschneidende – Markträume gezeigt, dass die Fusion dort zu einer erheblichen Beeinträchtigung wirksamen Wettbewerbs führen würde. Fazit: „Nur durch die Veräußerung von 23 Standorten an Dritte lassen sich die Wettbewerbsbedenken ausräumen. Die Veräußerung ist Bedingung für die Freigabe der restlichen Transaktion.“

Aber, damit ist die Sache noch nicht wirklich durch. Denn, „das Vorhaben wird ausnahmsweise nicht von einer Wettbewerbsbehörde sondern sowohl in Deutschland vom Bundeskartellamt (hinsichtlich der Auswirkungen auf der Absatzseite) als auch von der Europäischen Wettbewerbsbehörde bei der Europäischen Kommission (hinsichtlich der Beschaffungsmärkte) geprüft.“

Und hier stellt sich das Problem, dass das Zusammenschlussvorhaben - „aufgrund der Umsätze der beteiligten Unternehmen von zusammen mehr als fünf Milliarden Euro“ - insgesamt bei der Europäischen Kommission hätte angemeldet werden müssen.

Da sich das Vorhaben aber hauptsächlich in Deutschland auswirken werde, hätten die Zusammenschlussbeteiligten bei der Europäischen Kommission beantragt, den Fall beim Bundeskartellamt prüfen zu lassen (sog. Verweisungsantrag). Das sei in Bezug auf die Auswirkungen auf der Absatzseite dann auch geschehen.

Weil die Beschaffungsmärkte jedoch voraussichtlich über Deutschland hinausgehen, also z.B. Möbel von den Beteiligten auch außerhalb Deutschlands eingekauft werden, habe die Europäische Kommission Ende Januar 2020 das Vorhaben nur bezüglich der betroffenen Absatzmärkte (Verhältnis Möbelhandel/Endkunde) zur Fusionskontrolle an das Bundeskartellamt verwiesen.

„Das Verfahren bei der Europäischen Kommission ist bislang noch nicht abgeschlossen.“
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