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› So richtig ins Stottern …
21.06.2016 … ist Oliver Samwer, der Vorstandschef des Internet Inkubators Rocket Internet, wohl noch nie gekommen. Aber zur Hauptversammlung seiner börsennotierten Aktiengesellschaft am 09.06.2016 ruderte er erstmals auch verbal zurück. Wobei nicht vergessen werden darf: Samwer hat eine „Mission“. Sein Rocket Internet, zu der auch die Online Möbelhändler Home24 und Westwing gehören, soll das weltweit größte Online Portal außerhalb der USA und Chinas werden.

Wie das Geschäftsmodell funktioniert, das haben, wie Samwer immer wieder gern betont, viele Anleger noch immer nicht verstanden. Die sehen nur, dass Rocket Internet im vergangenen Jahr rund 1 Milliarde Euro verbrannt, und dass sich der Börsenkurs halbiert hat.

Rocket Internet mache vielversprechende Internet-Geschäftsmodelle ausfindig und ziehe diese anschließend hoch, erklärte Samwer also noch einmal anlässlich der Hauptversammlung

Das Problem dabei: „Die meisten dieser Unternehmen scheitern", so Samwer weiter. Das sei normal „und Teil unserer Unternehmenskultur“. Die Kunst bestehe darin, das Scheitern rechtzeitig zu erkennen und bis dahin nicht allzu viel Geld zu verlieren.

Was bedeutet das nun für die beiden Online Möbelhändler Home24 und Westwing, auf die die halbe Möbelbranche seit geraumer Zeit wie das Kaninchen auf die Schlange starrt? Die gehören aus Samwer-Sicht zu den erfolgreichen Geschäftsfeldern von Rocket Internet. Zu den „Proven Winners“.

Dabei ist das, was Samwer unter „Erfolg“ versteht immer langfristig zu verstehen. Bekanntermaßen haben seine Möbel-Portale mittlerweile hohe zweistellige Millionenbeträge verbrannt – bei flottem Wachstum, wie man zugeben muss.

Mit dem Wachstum ist es neuerdings aber auch nicht mehr so doll. So hat sich Stephan Meixner auf dem Online Portal neuhandeln.de noch einmal intensiver mit den Home24-Zahlen beschäftigt und hat daran erinnert, dass der Online-Möbel-Versender im letzten Jahr den Designmöbel-Händler Fashion4Home übernommen hat.

Das bedeutet, die Fashion4Home-Umsätze werden 2016 erstmals mitgezählt. Mit dem Ergebnis: Fashion4Home habe im vorletzten Geschäftsjahr 2014 einen Netto-Umsatz von 18,7 Mio. Euro angegeben – „pro Quartal also rund 4,5 Mio. Euro“.

Und Meixner gibt folgerichtig zu bedenken: „Wenn man diese Zahl auch für das erste Quartal 2016 als Maßstab nimmt und vom Gesamtumsatz von 63,8 Mio. Euro (plus 6,8 %) abzieht, käme Home24 alleine ohne seinen Zukauf nur auf einen Umsatz von rund 59 Mio. Euro – was zum Vorjahr sogar einen Rückgang bedeuten würde.“

Es bleibe aber leider bei solchen Spekulationen: Denn welchen Umsatz Home24 im ersten Quartal 2016 ohne die Fashion4Home-Umsätze erzielt habe, werde nicht verraten. Was man natürlich auch entsprechend interpretieren könne.

Ob und wann so ein Portal möglicherweise wieder abgeschaltet wird, das bleibt Samwers Geheimnis. Erstmal gibt es noch Bewährungsfrist für die Online Möbelhändler. „Wir haben das Ziel, dass im vierten Quartal 2017 mindestens drei unsere größeren Unternehmen break-even sind", also die Gewinnschwelle überschreiten, sagte Vorstandschef Oliver Samwer auf der Hauptversammlung in Berlin. Ob er seine Möbel-Buden dort erwartet, hat er offen gelassen.

So oder so gilt: Im Auge behalten, aber nicht schlottern vor Angst. Denn auch bei Rocket Internet ist jetzt erstmal Sparen angesagt.

Sparen, das müssen aktuell vor allem Deutschlands Kastenmöbelproduzenten, von denen zwei Traditionsbetriebe – Paschen und Nolte Delbrück – vor genau vier Wochen nahezu zeitgleich Insolvenz anmelden mussten. Wobei es ja neuerdings nicht mehr um eine schnöde Insolvenz geht, sondern um ein „Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung“.

Dass das funktionieren kann, das hat im letzten Jahr eindrucksvoll die Wellemöbel-Gruppe vorgemacht. Insolvenz im November 2014. Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung. Ein halbes Jahr später war der Fisch geputzt. Quote 30 %. Zwei Drittel der 900 Arbeitsplätze erhalten. Zukunftsprognose positiv.

„Die Rettung und Sanierung der Wellemöbel-Gruppe konnte trotz schwieriger Ausgangsbedingungen nur gelingen, weil die , Kunden, Verbände und Lieferanten dem Unternehmen die Treue gehalten haben und die Umsatzziele auch in den letzten sieben Monaten während des Verfahrens gehalten werden konnten.“

Dies sagte Mitte letzten Jahres Wellemöbel-Sachwalter Rechtsanwalt Stefan Meyer. Was außerdem ganz wichtig war. Die Wellemöbel-Verantwortlichen haben von Anfang an die Öffentlichkeit mit einbezogen. Haben ständig Wasserstandsmeldungen abgeliefert. Nicht zuletzt, um Kunden und Lieferanten bei Laune zu halten.

Von Paschen und NolteD dagegen ist seit Wochen nichts mehr zu hören. Das muss nicht gleich den Untergang bedeuten, aber es gibt zu denken.

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