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04.09.2019 … frage ich mich zuweilen: „Wen interessiert das eigentlich noch?“ Ein Sachverhalt, der in der einschlägigen Tages-, Fach- und Wirtschaftspresse über Monate, oft auch über Jahre hinweg von allen Seiten beleuchtet, diskutiert und immer wieder aufs Nachrichtenpodest gehoben wird. Ohne ernsthafte Neuigkeiten. Das Thema Steinhoff ist so ein Fall. Ein Extremfall. Denn eigentlich ist zum Niedergang der einst so stolzen Steinhoff Gruppe alles gesagt. Aber das sieht nicht jeder so.

Jüngster Fall ist das Handelsblatt, in dem sich Redakteur Florian Kolf Mitte August mal wieder umfangreich zu Steinhoff geäußert hat. „Bilanzskandal und Schulden in Milliardenhöhe: Steinhoff kämpft ums Überleben“, lautet wenig überraschend die Titelzeile. „Aktueller“ Anlass diesmal: „Möbelkonzern Steinhoff muss weitere Firmenanteile verkaufen.“ Thrilling News.

Chef der Unternehmensgruppe ist seit kurzem Louis du Preez, der „angesichts einer internationalen Klagewelle von Aktionären“ sein Unternehmen „in einer bedrohlichen Situation“ sieht. Die ausstehenden Klagen seien eines der größten Risiken für die Zukunft des Unternehmens habe er im Gespräch mit dem Handelsblatt gesagt.

Was für eine Zukunft? Fragt man sich da. Denn ob Steinhoff jetzt verklagt wird und in jahrelangen Rechtsstreitigkeiten möglicherweise zu Strafzahlungen verurteilt wird, das ist dann sicher genauso wichtig, wie der berühmte Sack Reis, der immer mal wieder in China umkippt.

Dennoch dreht HB Redakteur Kolf das Rad der Geschichte auf Anfang genauer gesagt auf den 6. Dezember 2017, als „Praktisch über Nacht“ aus einem „scheinbar gesunden Konzern ein Pleitekandidat“ wurde. „Bilanzmanipulationen in Höhe von mehreren Milliarden Euro“ – „zahlreicher Notverkäufe“ – „Schuldenberg von 9,1 Milliarden Euro“. Wollen wir das wirklich alle paar Wochen in immer neuen Versionen zu lesen bekommen? Ich meine Nein!

Oder doch? Anscheinend haben sich die Wirtschaftsprüfer nach fast zwei Jahren durch das potemkische Zahlenwerk des ehemaligen Steinhoff CEO Markus Jooste durchgewühlt und machen jetzt mehr oder weniger klare Ansagen.

Zitat Handelsblatt: „Im ersten Halbjahr 2019 meldete Steinhoff einen Fehlbetrag von 571 Millionen Euro bei einem Umsatz von 6,8 Milliarden Euro.“ Die Bilanzunregelmäßigkeiten hätten „eine schwache Performance einiger Geschäftsbereiche über Jahre verdeckt“, habe Konzernchef du Preez nun eingeräumt. Und: Es brauche etwas Zeit, bis sich das Geschäft auf operationaler Ebene wieder normalisiert habe.

3.000 Seiten stark sei der Untersuchungsbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC, der bereits im Frühjahr 2019 vorgelegt wurde. Was drin steht werde vom Unternehmen unter Verschluss gehalten.

Und jetzt wieder Slapstick: „Aber so viel wurde schon bekannt: Eine Gruppe von Topmanagern hat im großen Stil Scheingeschäfte getätigt, die die Bilanz aufblähten. Offenbar wurden Gewinne und Vermögensposten von 6,5 Milliarden Euro künstlich kreiert.“ – Wer hätte das gedacht?

Jetzt also rollt ein Musterverfahren an. „Angeführt von bekannten Klägeranwälten“, bringen sich die Aktionäre, „die sich vom Unternehmen über die wahre finanzielle Situation getäuscht fühlen“, in Stellung. Das ist ihr gutes Recht. Aber was soll das bringen? Zwölf Milliarden Euro als „Kompensation für Kursverluste“ stehen zur Diskussion. Na dann viel Spaß!

Am Schluss seiner langatmigen Betrachtungen kommt HB Redakteur Florian Kolf aber dann doch noch auf einen Aspekt, der alle Marktbegleiter – betroffen oder nicht – am Meisten interessieren dürfte:

Eine der Fragen, die ihm am häufigsten von Aktionären gestellt würden, so du Preez, sei: Wann kommt der Ex-Chef Markus Jooste in den Knast?

Die Antwort unbefriedigend: „Die strafrechtliche Verfolgung von Jooste sei nicht die Aufgabe des heutigen Managements, so du Preez. Aber zivilrechtlich hätten sie schon erste Schritte unternommen – und es würden noch weitere folgen.“ - So viel zu dem.

Ihr Ralf Hartmann
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