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› „Machen wir uns nichts vor: …“
19.05.2020 … sagt Dr. Timo Renz, geschäftsführender Gesellschafter der Münchener Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner in einem lesenswerten Interview der Zeitschrift Möbelkultur. Denn: „Nur aufgrund hervorragender konjunktureller Rahmenbedingungen in den letzten zehn Jahren konnten viele Unternehmen mehr schlecht als recht über die Runden kommen und überleben.“ Und fügt hinzu: „Sie haben zu wenig Geld verdient, nicht investiert und ihnen fehlt es nun in der Not an allem, worauf es ankommt: Kapital, moderne Werke und Maschinen, effiziente Prozesse, attraktive Sortimente, internationale Präsenz, moderne Organisation und Führung und last but not least ausreichende Digitalisierung.“

Wie in anderen Industriezweigen zeige sich auch in der Möbelbranche: „Je höher der digitale Reifegrad des einzelnen Unternehmens, je automatisierter seine Prozesse und je vernetzter die Wertschöpfung, desto besser können die aktuellen Effekte verdaut werden.“

Die aktuellen Effekte müssen natürlich nicht nur von der Industrie verdaut werden. Es gibt auch Handelsunternehmen, die von der Hand in den Mund leben. Uns stehen also auch in der Möbel-Branche einige Insolvenzen ins Haus.

Vermutlich jedoch mit Verzögerung. Denn es gilt seit Anfang März 2020 ein neues Gesetz: „Die dramatischen Auswirkungen der durch das Corona-Virus ausgelösten weltweiten Krise, schreibt Andreas Liebaug von der Kanzlei Schultze & Braun, „haben den deutschen Gesetzgeber dazu veranlasst, ein Gesetz zur Abmilderung der Pandemie-Folgen im Bundestag zu beschließen und im Eilverfahren dem Bundesrat vorzulegen.“ Der Bundestag habe dann mit dem COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) wesentliche Regelungen im Bereich des Insolvenzrechts beschlossen.

Was bedeutet: Die Insolvenzantragspflicht wird mindestens bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Und damit nicht genug: „Für einen dreimonatigen Übergangszeitraum wird auch das Recht der Gläubiger suspendiert, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen.“

Wer pleite ist, hat also ungewöhnlich viel Zeit, sich Gedanken zu machen über die Katastrophe. Ob die Galgenfrist den angeschlagenen Unternehmen letztendlich weiterhilft? Den meisten vermutlich nicht.

Und sonst? „Ab heute wird nichts mehr so sein, wie es mal war.“ Wohlfeiles Gelaber. Wer redet noch groß von Nine/Eleven? Wer erinnert sich noch an den Tsunami im Indischen Ozean, der im Dezember 2004, rund 230.000 Todesopfer gefordert hat? Genauso wird es in 10 Jahren mit Corona sein. Obwohl wir alle dabei waren. Aber die meisten doch nicht wirklich betroffen. Bis auf die lästigen Einschränkungen im täglichen Leben. Wobei aktuell keiner weiß, wie lange sie dauert, die bleierne Zeit.

Interessante Auswüchse gibt es – typisch deutsch – natürlich schon. Die verhinderten eifrigen Hilfspolizisten – oft pensionierte Lehrkräfte - deren Lieblingswort „ordnungsgemäß“ ist, die haben jetzt Hochkonjunktur. Schlecht sitzende Masken oder unerlaubte Rudelbildung, da ist schneller, als man glaubt, immer mal wieder ein privater „Ordnungshüter“ zur Stelle.

Der österreichische Kabarettist Josef Hader sagt dazu in einem SZ Interview: „Die Leute, die andere überwachen, die gibt`s immer. Die haben im Dritten Reich geregelt, wer in den Luftschutzkeller darf.“

Und erklärt mit Blick auf „die gute alte Zeit“, die ja aktuell erst drei Monate her ist: „Vielleicht wissen manche jetzt mehr zu schätzen, was sie vorher für selbstverständlich gehalten haben. Das wäre erfreulich. Aber der Mensch vergisst gern.“

Ihr Ralf Hartmann
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