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› Heute reden wir mal über …
07.05.2021 … Geld. Genauer, über den Politikwissenschaftler Christoph Butterwege, der seit Jahrzehnten zu Armut, Reichtum und der Sprengkraft von Ungleichheit forscht. Einige Leser erinnern sich vielleicht, dass ich mich an dieser Stelle vor einigen Wochen optimistisch zu den Konjunkturaussichten geäußert habe. Hintergrund: Zwei von sieben Billionen Euro des privaten Geldvermögens in diesem unserem Land liegen laut DZ Bank auf unverzinsten Giro- und Sparkonten. Und eigentlich spräche viel dafür, dass einiges davon in der zweiten Jahreshälfte 2021 in den Konsum abfließt. Eigentlich.

Vor 20 Jahren erschien der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Jetzt liegt Ausgabe Nummer sechs als Entwurf vor, und das nahm die Süddeutsche Zeitung zum Anlass, eben jenen Christoph Butterwege zum Thema zu interviewen.

Ergebnis vorab: Es sieht nicht wirklich gut aus für die erhoffte Konsumbelebung. Zwei Billionen hin oder her. Warum? Das liegt auf der Hand. Nicht alle potentiellen Konsumenten sind liquide genug, um neue Möbel, smarte Küchen oder teure Elektro-Autos zu erwerben.

Zwar behauptet die aktuelle Regierung, die sozioökonomische Polarisierung – also die Schere zwischen arm und reich - habe sich seit dem Jahr 2005 nicht mehr verschärft. Also – Zufall oder nicht – seit dem Amtsantritt der Regierung Merkel. Der Experte bezweifelt das und sagt: „Insgesamt bedient der Bericht ein neoliberales Narrativ, das Armut verharmlost und Reichtum verschleiert.“

Wie das geht? Ganz einfach: Der Reichtum wird verschleiert, indem man schon Personen reich nennt, die mehr als das Doppelte des mittleren Einkommens zur Verfügung haben. Der Effekt: „Für die Bundesregierung ist man mit einem Nettogehalt von 3.900 Euro monatlich einkommensreich – und befindet sich in derselben Kategorie wie beispielsweise Dieter Schwarz (Lidl, Kaufland), der über ein Privatvermögen von 41,8 Milliarden verfügt.

Dieter Schwarz ist also in den Augen der Bundesregierung im selben Club wie der Lehrer oder acht Millionen weitere Deutsche, die zur Gruppe „Wohlhabenheit“ gezählt werden. Das ist die oberste Stufe von acht „Soziallagen“, mit denen der Reichtum sprachlich verschleiert wird. Das beginnt bei „Prekariat“, führt über Etappen bis hin zu „Wohlstand“ und schließlich eben zu - fast - uns allen, den Mitgliedern der – „bizarres Kunstwort“ – „Wohlhabenheit“.

Es wird aber noch enger, was den Konsum angeht. Laut statistischem Bundesamt haben 15,9 Prozent der Bevölkerung ein Einkommen, das geringer als 60 Prozent des mittleren Einkommens ist. Demnach verfügen 13,2 Millionen Menschen in Deutschland über weniger als 1.074 Euro im Monat. Butterweges Prognose: „Die Armut frisst sich mittlerweile in die Mitte der Gesellschaft hinein.“ Verstärkt durch diverse Lockdowns, die die Lage nicht besser machen.

Naja, werden Sie sagen, dann profitieren wenigstens Discounter wie POCO, Roller & Co.. Stimmt schon. Aber bei gut 1.000 Euro Monatseinkommen …

Die Kehrseite der Medaille ist bekannt. 45 Familien in Deutschland besitzen zusammen mehr, als die Hälfte der Bevölkerung, also mehr, als 40 Millionen Personen. Dabei liegt mir der Neid auf die Superreichen durchaus fern. Ich mache mir eher sorgen, dass die Habenden wohl kaum die Möbelhäuser stürmen werden, um nach der Pandemie die Konjunktur anzukurbeln.

Also muss die Hälfte der Bevölkerung hoffentlich bald wieder mehr Geld ausgeben. Wenn aber von den frei verfügbaren 2 Billionen Euro Bargeld die Hälfte bei den Reichen bleibt, also bei den richtig Reichen, nicht bei den anderen 8 Millionen der Kategorie „Wohlhabenheit“. Dann sind aber die gefragt.

Also her mit der Kohle und rein in den Konsum. Andererseits sind ja da noch die Ausgaben für die Mieten, die oft genug das halbe verfügbare Einkommen auffressen. Was bleibt da jetzt für Möbel, Küchen & Co.? Naja, die läppischen 30 Milliarden Euro, die hierzulande in die Möbelhäuser fließen, für die wird es schon reichen. – Oder mache ich da doch einen Rechenfehler?

Irgendwann geht es ja auch wieder in den Urlaub … Prognosen bleiben eben doch sehr schwierig Zumal – alter Kalauer – wenn sie sich mit der Zukunft befassen. – Bleiben Sie negativ!

Ihr Ralf Hartmann
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