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› Auf die Gefahr hin …
16.05.2023 … dass ich einmal mehr – und durchaus mit Absicht – als alternder, rechthaberischer Erbsenzähler rüberkomme, heute mal wieder eine kleine sprachliche Orientierungshilfe: Es gibt keinen „Insolvenzantrag“! Insolvenz kann man nicht beantragen! Eine Privatperson, ein Unternehmen, wer auch immer, können ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen, haben das Gefühl, da könnte es Probleme geben: Ausgaben höher, als Einnahmen!

Man ist insolvent und dann stellt man einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Einfacher: man meldet Insolvenz an. Üblicherweise beim zuständigen Amtsgericht.

Insolvenzantrag. Was soll`s!? Der „Münchener Merkur“ hat jetzt im Fall Who`s Perfect noch einen draufgelegt: „Das Möbelhaus, das bundesweit Filialen betreibt, hat einen Insolvenzantrag in Eigenverwaltung beim Amtsgericht München gestellt.“

Auch das gibt es nicht. Aber dahinter steckt eine durchaus gewollte Verniedlichung. Eigentlich, das suggerieren solche Formulierungen, ändert sich trotz klammer Kassen wenig. Das Zauberwort „Eigenverwaltung“ soll den Eindruck erwecken, dass die Inhaber weiterhin das Sagen haben. „Herr im Haus“ bleiben. Von mir aus auch „Frau im Haus“.

Das klingt gut, entspricht aber nicht immer der Wirklichkeit. Der Unterschied zum Insolvenzverfahren besteht darin, dass der Insolvenzverwalter Sachwalter heißt und in erster Linie Aufpasser-Funktionen wahrnimmt.

Die bisherige Führungsmannschaft bleibt am Ruder – hat theoretisch weiter die Verfügungsgewalt über die Insolvenzmasse. Allerdings nur, solange der Sachwalter die Entscheidungen durchgehen lässt. Letztendlich hat er dann doch das Sagen.

Auf dem Papier ist das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung für den Unternehmer finanziell von Vorteil, denn, „da der Sachwalter lediglich 60% der Regelvergütung eines Insolvenzverwalters erhält, ist es auch die günstigere Alternative für die Gläubigergemeinschaft“, schreibt beispielsweise Florian Harig im Online Magazin für Anwälte „Deutscher AnwaltSpiegel“.

Das allerdings stimmt nur bedingt. Es bleibt nämlich nicht beim Sachwalter. In der Regel sammelt sich bei einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung in kürzester Zeit auf wundersame Weise eine fröhliche Schar von Insolvenzexperten rund um das Geschehen, die allesamt gute Ratschläge geben. Natürlich gegen Honorar, das aus der Insolvenzmasse beglichen wird.

Ich habe mich vor Jahren, im August 2016, als das Thema Eigenverwaltung auch in der Möbelbranche Fahrt aufnahm, an dieser Stelle schon einmal ausführlich dazu geäußert. Zitat – wohlgemerkt über sieben Jahre her:

„Warendorf Küchen zum Jahreswechsel, Bast Schlafsysteme im März, Nolte Delbrück und Paschen im Mai, Röhr-Bush im Juni und Dunlopillo im Juli.

Alle zogen sie los mit der Absicht, kein Insolvenzverfahren mit einem allmächtigen Insolvenzverwalter eröffnen zu lassen, sondern das Heft des Handelns so weit wie möglich selbst in der Hand zu behalten. Mit einem Sachwalter, der ihnen zur Seite steht und – in der Regel – mit beratenden Insolvenzspezialisten, von denen es solche und solche gibt.“

Und weiter: „Eines ist dabei allen gemeinsam: Sie haben satte Stundensätze und verlangen durchaus auch mal Vorkasse bzw. Abschläge auf das zu erwartende Beratungshonorar. Da sind sechsstellige Summen durchaus keine Seltenheit. Je nach Volumen der Eisen, die im Feuer stehen.“ Zitat Ende.

Im aktuellen Verfahren von Who`s Perfect wird die Eigenverwaltung von der Kanzlei Brinkmann & Partner begleitet. als „Sanierungsgeneralbevollmächtigter“ soll Rechtsanwalt Christoph Enkler den Geschäftsführer und Gründer Ervé Mazzali im Verfahren begleiten. Diplom-Kaufmann Dr. Max Liebig wurde zum vorläufigen Sachwalter bestellt.

Was nun speziell in Sachen Kosten des Verfahrens auf das Unternehmen zukommt, muss sich weisen. Toi, toi, toi!

Ihr Ralf Hartmann
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