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› Ich gehöre bekanntermaßen …
17.11.2023 … nicht zu den Zeitgenossen, die sich allmorgendlich am familiären Kaffee-Automaten die Nägel runterbeißen, weil die Welt so schrecklich ist. Aber – und ein „aber“ gehört hier leider dazu – aber, was da derzeit in Oberfranken abläuft, das macht keine Freude mehr. Die Älteren unter uns werden sich erinnern: In Oberfranken da war in den 1980er und 1990er Jahren der Bär los. Drei Tage Minimum – das musste man schon einplanen für die Präsentationen der oberfränkischen Polstermöbel-Spezialisten.

Nicht zu vergessen die Abende in den diversen Bewirtungszentren der Aussteller, die sich einen ständigen Wettbewerb lieferten, wer wo besser gegessen oder getrunken hat. Legendär zudem die viel zu kleine Bar im Hotel Goldene Traube zu Coburg, die zu Messezeiten aus allen Nähten platzte und dennoch allabendlich im Zentrum des Geschehens stand.

Es lief, wie heutzutage auf der Küchen-Meile A30 mit ihren Stationen rechts und links der Wegestrecke. Lange musste man nicht fahren bis zum nächsten Polsterpunkt. Aber nicht nur das. Es gab mit Sonnefeld und Grub am Forst noch Messezentren, in denen „Fremdaussteller“ die Kundenströme zu nutzen wussten.

Alles vorbei! Ich erspare uns die Aufzählung der zahlreichen Familienunternehmen, die in Oberfranken Polstermöbel produziert haben und längst verschwunden sind. Und zitiere einfach mal die „Neue Presse Coburg“ mit den Sätzen: „Erst der große Willig Schillig, kurz darauf F+S, diese Woche ARCO. Drei heftige Schläge aus der hiesigen Polstermöbelindustrie innerhalb eines halben Jahres. Während bei Schillig ein Insolvenzverfahren läuft, ist bei F+S schon Schluss – und genauso soll es bei ARCO in den nächsten Wochen sein.“

So ist es. Wobei ARCO-Mitinhaberin Sarah Beck die Misere klar beim Namen nennt. ARCO arbeite seit 2021 mit Verlust und habe seitdem die Liquiditätsreserven angegriffen. Der Grund: „Die über den Möbeleinzelhandel vertriebenen Polstermöbel der Firma ARCO sind in Deutschland nicht mehr zu einem wettbewerbsfähigen Preis herzustellen.“ Denn letztendlich hätten die Forderungen des Handels dazu geführt, „dass das Unternehmen unter Herstellungskosten verkaufen musste“.

Andere Baustelle: „Wer bietet mehr? Beziehungsweise weniger. Überall gibt es Preisknüller und gesunkene Preise, jedenfalls in der Werbung. Lidl und Kaufland senkten Ende Oktober die Preise für hundert Wurstwaren. Aldi war ein bisschen schneller gewesen, Norma und Edeka zogen auch nach.“

Das schrieb Michael Kläsgen, am 08.11.2023 in der Süddeutschen Zeitung. Anlass: Die Pressekonferenz der Landesgesellschaft IKEA Deutschland.

Und Kläsgen ist einer der wenigen Berichterstatter, die nicht alles kommentarlos nachplappern, was IKEA Deutschland Chef Walter Kadnar zum Thema „wir wollen, dass es allen gut geht“ zu sagen hat. Das allgemeine Presse-Echo gipfelt nämlich sinngemäß in der Titelzeile „IKEA senkt die Preise!“

Hierzu Kläsgen in der SZ: „Welche Preise genau sinken sollen, um wie viel Prozent im Vergleich auf welcher Basis, das konnte oder wollte Kadnar trotz mehrmaliger Nachfragen auf einer Pressekonferenz jedoch nicht sagen. Aus Wettbewerbsgründen. Sollte vermutlich heißen: Andere Anbieter könnten die Preissenkungen dann vorwegnehmen.“

Ziemlich absurd, wenn Walter Kadnar das wirklich so gesagt hat. Denn seit wann orientieren sich XXXLutz, Höffner, Segmüller und Kollegen an den eher bescheidenen Preis-Reduzierungen für Billy & Co.?

Geschenkt! IKEA Boss Kadnar hat - eigentlich wie gewohnt - auf seiner Pressekonferenz reichlich heiße Luft rausgeblasen. Nachhaltigkeit ist das große Thema - und gut gehen soll es den Menschen. Allen und möglichst für immer! Ein schönes Ziel.

Aber sicher kein Grund, sich allmorgendlich am heimischen Kaffee-Automaten ernsthaft Sorgen zu machen. Da gibt es – leider – noch ganz andere Szenarien.

Ihr Ralf Hartmann
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