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› Wenn Panik das Handeln bestimmt... HD - 186
19.07.2006 ...dann kommt nicht zwangsläufig das Ei des Kolumbus dabei raus. „Wir werden unsere klare Ausrichtung nicht aufgeben, weil in einer Art Torschlusspanik einige Wettbewerbsverbände jetzt sehr überstürzt und unter Aufgabe der eigenen Glaubwürdigkeit das vollziehen, was wir für die Branche seit langem erwartet haben." Klare Worte von VME-Geschäftsführer Günther Böhme zum aktuellen Fusionsfieber in der deutschen Möbel-Einkaufsverbands-Landschaft. Böhme betont einmal mehr, dass die Bielefelder VME-Vereinigte Möbeleinkaufs-GmbH & Co. KG „keinen Handlungsbedarf auf diesem Gebiet für die eigene Organisation“ sieht.

Von ungefähr kommt dieses Statement nicht. Auch Böhme musste sich in den letzten Wochen von außen, aber auch aus seinem Gesellschafterkreis fragen lassen, ob VME hier nicht etwas versäumt habe. Klare Antwort: „Wenn wir uns treu bleiben wollen und unsere gewachsenen Strukturen nicht in Frage stellen wollen, kann es für uns keine Fusionen geben, die für viele Gesellschafter zu aufgezwungenen Nachbarschaften führen würden.“ Immerhin, so Böhme weiter, habe VME in den letzten Jahren mehrere 100 Mio. Verbandsumsatz, der durch Neuaufnahmen möglich gewesen wäre, abgelehnt. Eben um solche Nachbarschaften zu vermeiden.

Böhmes Fazit: „Wenn heute unsere eigenen Prognosen über die Veränderung der Verbandslandschaft Realität werden, darf das bei uns keinen Handlungsbedarf auslösen!“

Mit vollen Hosen ist freilich gut stinken. VME, EMV, Alliance, Regent/Mondial. An dieser Reihenfolge der mittelständischen Einkaufskooperation in der deutschen Möbelhandelslandschaft wird sich in den nächsten Jahren wohl kaum etwas ändern. Der Rest ist Nische. Wobei hier Dr. Richard Gehses MZE, Eching, als inhabergeführter Verband der Möbelzwerge und die gerade erst fusionierte GfM-Trend, Neustadt a. d. Donau, wohl die besten Chancen haben, ihre Existenzberechtigung unter Beweis zu stellen.

Die Neustädter wollen am kommenden Wochenende auf ihrer JHV in München in aller Ruhe über die neue Situation diskutieren. Torschlusspanik, so Beiratsvorsitzender Dr. Werner Hartl auf Anfrage, sei jedenfalls nicht das Thema.

Bedenklicher scheint die Situation aktuell in der Industrie. Zwar konnte VDM-Hauptgeschäftsführer Dirk-Uwe Klaas bei der Veröffentlichung der Industrieumsätze aus dem ersten Quartal 2006 ein Umsatzplus von 7,7 % auf 4,4 Mrd. Euro (2005: 4,1 Mrd. €) bejubeln, aber die jüngsten Pleiten in Oberfranken oder aktuell Steffen, lassen schlimmes befürchten. Oder was soll man sich dabei denken, wenn ein Achim Wachsmann (ADWA) ganz offen zugibt, er habe zu spät die Verlagerung der Produktion ins Ausland in Angriff genommen? Oder wenn ein äußerlich gesundes Unternehmen wie Rießner eine Produktion in Deutschland angesichts „nicht abwägbarer Risiken“ für schlichtweg nicht mehr zeitgemäß hält und in allen Ehren liquidiert?

Ähnlich verhält es sich mit Steffen (siehe Seite 1 in dieser Ausgabe). Pensionsverpflichtungen, Sozialplan, Arbeitsplätze. Alles wird mit einem kurzen Gang zum Amtsgericht Makulatur. Und der einstmals so stolze Schlafzimmerproduzent aus dem Hunsrück, der in besten Zeiten mal mehr als 800 Mitarbeiter beschäftigt hat, könnte mittelfristig zur reinen Vertriebsgesellschaft mit Musterbau in Mastershausen degenerieren.

Überhaupt stellt sich die Frage, welcher Prozentsatz der „deutschen“ Möbelindustrie-Umsätze tatsächlich hier gefertigt wird. Denn die 4,4 Mrd. Euro aus dem ersten Quartal müssen ja beileibe nicht alle mit in Deutschland gebauten Möbeln erwirtschaftet worden sein.

Musterbau und Vertrieb. So könnte sich in nicht allzu ferner Zeit ein Großteil der deutschen Möbelindustrie definieren. Die Produkte kommen ja schon jetzt von überall her, und dieser Trend wird sich leider kaum noch aufhalten lassen.

Ihr

Ralf Hartmann
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